Beim Gipfel des Europäischen Rates letzte Woche war vor allem der Überwachungsskandal auf der Agenda. Obwohl diverse PolitikerInnen das Thema schon vor geraumer Zeit für abgeschlossen hielten, kam jetzt doch die Einsicht, dass diese naive Akzeptanz der Überwachung nicht toleriert werden kann. Eine kollektive Ausspähung von Millionen EU-BürgerInnen war es den Konservativen nicht wert, näher in das Dilemma einzublicken – erst mit Bekanntwerden der Überwachung von Angela Merkel gewann das Thema wieder an Momentum. So traurig diese Hinauszögerung ist, umso trauriger ist die Positionierung von David Cameron und Großbritannien: er zementiert seine Pro-Überwachung-Haltung und begräbt gleichzeitig auch noch jegliche Form von Rede- und Pressefreiheit.
Cameron kritisierte die Enthüllungen von geheimdienstlichen Überwachungen durch Edward Snowden und die mit ihm kooperierenden Medien scharf; sie würden der nationalen Sicherheit schaden und damit die Welt nicht sicherer, sondern gefährlicher machen. Auch die Angst vor Terrorismus ist für Cameron omnipräsent – die Berichte würden den Feinden helfen und unsere Gesellschaft in Gefahr bringen. Die Arbeit von Geheimdiensten sei wichtig, immerhin gibt es viele Menschen auf der Welt, die unsere Familien in die Luft sprengen und die Bürgerinnen und Bürger verstümmeln wollen. Damit will der britische Premierminister die Überwachung Abermillionen Bürgerinnen und Bürger legitimieren – Menschenrechte scheinen für den UK nicht mehr gültig zu sein.
Dieses Trauerspiel muss endlich ein Ende nehmen; Cameron’s Spiel mit der Europäischen Union darf und kann so nicht toleriert werden. Sollte Großbritannien bei der Aufklärung des Überwachungsskandals rund um deren Geheimdienste keinerlei Kooperationswillen zeigen und weiterhin die Grund- und Menschenrechte der Europäischen Union mit den Füßen treten, müsse die EU über entsprechende Sanktionen nachdenken.
Im Rahmen der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments am 09.10.2013 in Straßburg diskutierten die EU-Abgeordneten über ein mögliches Aussetzen des SWIFT Abkommens. Hier die Wortmeldung von Josef Weidenholzer im Plenum:
Das 2010 in Kraft getretene und durch den Überwachungsskandal in Verruf geratene Abkommen billigt amerikanischen Terrorfahndern, auf die Bankdaten von Millionen EU Bürgern zuzugreifen. Doch die Probleme und Vorwürfe rund um SWIFT sind nicht neu – auch vor der Enthüllung des Überwachungsausmaßes war das Abkommen wegen Datenschutzmissachtungen umstritten – auch wenn die höheren Datenschutzauflagen der EU eigentlich Inhalt dieser Übereinkunft sind.
Daher ist der Zugriff auf die Bankdaten von EU Bürgerinnen und Bürgern via Hintertürchen durch Geheimdienste zu verurteilen. Das EU Parlament, als Hüterin der Rechte der Bevölkerung, muss daher mehr als nur Briefe schreiben und mehr Informationen einfordern – es müssen aktiv Zeichen gesetzt werden. Solange der Datenschutz und die Privatsphäre der Europäischen Bürgerinnen und Bürger nicht gewährleistet werden kann, sollte das SWIFT Abkommen auch ausgesetzt werden. Die Rechte der Europäischen Bevölkerung darf nicht den Beziehungen zu den USA geopfert werden!
CREDITS: Bild von Welt.de.
Bei der dritten Untersuchungssitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheit, Justiz und Inneres im Europäischen Parlament beschäftigten sich die Abgeordneten vor allem mit dem seit Bestehen umstrittenen SWIFT Abkommen. Dieses internationale Abkommen zwischen den USA und der EU billigt es den amerikanischen Terrorfahndern, auf die Bankdaten von Millionen EU Bürgern zugreifen zu können. Diese seit 2010 in Kraft getretene Vereinbarung kam in den letzten Wochen wieder unter Bedrängnis; ausgelöst durch das Aufflammen des Überwachungsskandals, enthüllt durch Edward Snowden. Dazu waren auch Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Innenpolitik, Rob Wainwright, Direktor von Europol und Blanche Petre von SWIFT vorgeladen, um Rede und Antwort zu stehen.
Auch wenn Kommission, Europol, SWIFT und der belgische Telekommunikationsanbieter Belgacom von mangelnden Beweisen sprechen und nicht glauben, dass die USA-Regierung direkt auf Europäische Daten zugreifen kann, dominiert Skepsis unter den Europaabgeordneten. Birgit Sippel, Abgeordnete der S&D Fraktion, merkt an, dass es schon vorher Probleme bzgl. zu wenig Informationen über die Machenschaften der Nachrichtendienste gibt und daher Geheimdienste im Graubereich operieren.
Daher sollte auch – wie in der heutigen Presseaussendung gefordert – die Übermittlung von Bankdaten europäischer Bürgerinnen und Bürger via des belgischen Finanzdienstleisters SWIFT an die USA gestoppt werden, solange keine restlose Aufklärung erfolgt ist. Natürlich soll auch laut über eine Kündigung des Abkommens nachgedacht werden, immerhin stellt das illegale Abzapfen von Bankdaten europäischer Bürgerinnen und Bürger im klaren Gegensatz zu den vertraglich vereinbarten Regelungen des Abkommens.
Der Innenausschuss hat im September 2013 die Untersuchungen zum Überwachungsskandal gestartet. In zwölf Sitzungen soll das Ausmaß der Überwachung erfasst und politische Konsequenzen erarbeitet werden. Alle Sitzungen sind über die Homepage des Europäischen Parlamentes live mitzuverfolgen. Am 18. November 2013 soll im Ausschuss der Berichtsentwurf präsentiert werden, die Abstimmung über den Initiativbericht im Innenausschuss ist für 18. Dezember 2013, die Abstimmung für das Plenum im Jänner 2014 vorgesehen.