Antwort der europäischen SozialdemokratInnen auf die Anhörung von Mark Zuckerberg

Aufgrund der weitreichenden Dimension des Datenmissbrauch-Skandals von Facebook und Cambridge Analytica musste sich Mark Zuckerberg am 22.05.2018  einer Anhörung im Europäischen Parlament stellen. Der konservative Parlamentspräsident Antonio Tajani bildete eine fragwürdige Allianz mit den Rechtsfraktionen, um diese Anhörung nicht durch den zuständigen Innenausschusses abhalten zu lassen, sondern nutzte die Konferenz der Präsidenten um Mark Zuckerberg vor kritischen Fragen zu schützen. Diese Vorgangsweise ist für uns inakzeptabel und daher fordern die europäischen SozialdemokratInnen eine Weiterverfolgung des Falles. Unser Vorsitzender Udo Bullmann hat sich mit einem offenen Brief an Tajani gewandt:

Dear President Tajani,
Following the exchange of views on 22 May 2018 with Facebook CEO Mark Zuckerberg, please allow me to come back to this highly significant event for our European citizens as well as for the European institution, we are both representing.
By now, you would have probably become familiar with the strong concerns my Group has voiced already during the preparatory phase of May 22 exchange of views. Our most important goal was and continues to be, that of safeguarding the dignity of the European Parliament, while fully taking into account the public perception as well as the European citizens’ rights to be informed.
However, to our greatest disappointment, what we have witnessed on the occasion of May 22 was the contrary of what we have previously agreed. The format that you, President Tajani, chose to change at the very last minute, with the support of the right-wing majority, did not allow any checks-and-balance mechanisms to be applied, to the detriment of the openness and transparency, benefitting the European citizens. Moreover, the particular choice of members attending and intervening in the meeting, apart from the leaders of the political groups and our LIBE-related members, contributed to perpetuating a procedure that did not place the European Parliament’s interests at the centre. The S&D Group strongly contests such an approach that lead to the rapporteur on ePrivacy, an equally relevant dossier to the ongoing debate, MEP Birgit Sippel, be refused access to the meeting.
Against this background, I would like to kindly request that at the next meeting of the Conference of Presidents foreseen for May II plenary session, a follow-up exchange of views will be foreseen, aiming at: conducting a proper assessment of our recent meeting with Facebook CEO Zuckerberg; agreeing on the procedure applicable to the written questions to be addressed to Facebook and, finally, discussing about the next steps for the in-depth LIBE public hearing. In this respect, on behalf of the S&D group and in the spirit of clarity, openness and transparency, I would like to request a further reflection on how to ensure the best format of the LIBE in-depth public hearing.
I look forward to receiving your answer.
Kind regards,
Udo Bullmann
S & D Group President

 
Brief als PDF.

Weidenholzer: Neues Zeitalter für Datenschutz

Heute tritt das neue EU-Datenschutzrecht in Kraft. „Der Daten-Skandal rund um Facebook und Cambridge Analytica hat erneut gezeigt, wie wichtig der Schutz der Daten ist. Der Schutz der Privatsphäre ist ein Grund- und Menschenrecht“, so Josef Weidenholzer, Vizepräsident der SozialdemokratInnen im EU-Parlament und zuständig für Digitales. „Bisher war Datenschutz in Europa zu unterschiedlich geregelt, die Reform bringt einen einheitlichen und stärkeren Schutz. Darauf können wir stolz sein. Die Reform ist ein Meilenstein und zeigt, dass Europa funktioniert.“
Kritik übt der EU-Abgeordnete an der österreichischen Umsetzung: „Die schwarz-blaue Bundesregierung hat die Reform in den wesentlichen Bestimmungen abgeschwächt. Die Geldstrafen bei Verstößen sind einer der größten Verhandlungserfolge des EU-Parlaments gegenüber der Industrie-Lobby. Absurd, dass die Regierung nur Verwarnungen statt Geldstrafen vorschlägt. Das ist nicht mit EU-Recht vereinbar und zweitens eine vergebene Chance. Wer sich nicht an Gesetze hält und die Daten zweckentfremdet, sollte bestraft werden. Die Regierung soll nicht die Unternehmen schützen, sondern die Daten der BürgerInnen“, sagt Josef Weidenholzer, der die Verdoppelung der Strafen bei Datenmissbrauch durch Unternehmen im europäischen Vorschlag durchgebracht hat.
Weidenholzer betont, dass es nun gute und sachliche Informationen über die neuen Regeln braucht: „Es geht darum, den BürgerInnen die Kontrolle über ihre Daten zurückzugeben. Daran haben nicht alle ein Interesse. Mit teils absurden Meldungen wird aktuell versucht, gegen die neuen Regelungen Stimmung zu machen. Gezielte Falsch-Nachrichten à la ‚Datenschutz verbietet die Nutzung von WhatsApp oder Visitenkarten‘ sind ein verzweifelter Versuch, Ungewissheit zu schüren. Wir alle brauchen ein starkes Bewusstsein dafür, wie wichtig unsere persönlichen Daten geworden sind, welchen Wert sie haben und wie wichtig es ist, sie zu schützen.“

Gmundner Besuch

Die SPÖ-Bezirksorganisation Gmunden besuchte von Montag, den 21.5. 2018 bis Mittwoch, den 23.5. 2018 Brüssel. Auf Einladung von Josef Weidenholzer konnte die Gruppe unter Leitung von Landtagsabgeordneten Simone Promberger das Europäische Parlament besichtigen, sich mit Europaabgeordneten austauschen und an Sitzungen teilnehmen.
Birgit Sippel, Mitglied des Europäischen Parlaments für die SPD und Josef Weidenholzer stellten den BesucherInnen das vielseitige Betätigungsfeld von MEPs  und die diversen Arbeitsabläufe im EP vor. Den Dienstagnachmittag verbrachten die GmunderInnen im Parlamentarium.  Dieses Museum ist Bestandteil des Europäischen Parlaments und widmet sich der Geschichte des europäischen Integrationsprozesses in eindrucksvoller und greifbarer Art und Weise.

Der Dienstagabend klang für die SPÖ-Bezirksorganisation damit aus ihren Abgeordneten in Aktion zu beobachten: Mark Zuckerberg, CEO von Facebook war zu einem Hearing in das Europäische Parlament geladen. Der konservative Parlamentspräsident, Antonio Tajani entschied  sich jedoch dazu Marc Zuckerberg zu schützen und organisierte lediglich ein geschlossenes Hearing mit wenigen Abgeordneten. Die Progressiven Kräfte im EP, allen voran die S&D-Fraktion konnte zumindest durchsetzen, dass diese Anhörung via Webstream übertragen wird. Diese Beschneidung des parlamentarischen Untersuchungsrechts löste eine spontane Fotoaktion vor dem Europäischen Parlament aus. Josef Weidenholzer, gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Europäischen Parlaments, wie etwa Udo Bullmann, Fraktionsvorsitzender der SozialdemokratInnen und vielen Bürgerinnen forderten eine vollumfängliche Untersuchung des Datenmissbrauch-Skandals rund um Facebook.

Am Mittwochvormittag besuchte Bundesparteivorsitzender Christian Kern die Fraktionssitzung der europäischen SozialdemokratInnen und berichtete von seinen Erfahrungen und Einschätzungen über Österreich unter einer rechtskonservativen Regierung. Die GmunderInnen konnten live den sozialdemokratischen Austausch zwischen europäischer und österreichischer Ebene beobachten.

Den Abschluss der Reise bildete der Besuch des Haus der Europäischen Geschichte. Dieses neue Museum, welches erst letztes Jahr eröffnet wurde zeichnet die Entwicklung Europas von der Industrialisierung bis heute sehr detailreich nach.
Für Josef Weidenholzer war es ein freudiges Treffen und ein spannendes Erlebnis, Besuch aus seiner Heimat und Wahlbezirk zu bekommen und diesem seine Tätigkeiten in Brüssel näher zubringen.

Zuckerberg bleibt uns die Antwort auf die wichtigen Fragen schuldig

„Das Format des Facebook-Hearings hat es Zuckerberg leicht, aber den EU-Abgeordneten schwierig gemacht. Es ist traurig, dass EU-Parlamentspräsident Tajani null Interesse an einer echte Debatte mit dem Facebook-Chef hat“, kritisiert Josef Weidenholzer und ergänzt: „Zuckerberg bleibt uns die Antwort auf die wichtigen Fragen schuldig, denn das Geschäftsmodell von Facebook sind unsere Daten. Was wir jetzt dringend brauchen, ist eine öffentliche Sitzung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten mit den Abgeordneten, die seit Jahren im Bereich Datenschutz arbeiten und an der auch VertreterInnen der Zivilgesellschaft teilnehmen können.
Zuckerberg ist kaum auf die Fragen eingegangen und hat echte antworten vermissen lassen – er hat weder wahlmanipulation noch Weitergabe von Daten an Dritte ausschließen können. Facebook ist eines der innovativsten und größten Unternehmen der Welt, sie müssen fähig sein, sich an EU Gesetze zu halten. Und das ist das was wir verlangen und wobei wir nicht klein beigeben werden.

Echte Antworten statt PR-Show

Anlässlich des heutigen Besuchs von Facebook-Chef Mark Zuckerberg übt Josef Weidenholzer, Vizepräsident der SozialdemokratInnen und zuständig für Digitales, Kritik an der Vorgehensweise: „Wir brauchen keine PR-Show, sondern echte Antworten von Mark Zuckerberg. 500 Millionen EU-BürgerInnen verdienen das, denn es geht um ihre Daten. Gerade das EU-Parlament sollte Ort der öffentlichen und transparenten Debatte sein“, betont Josef Weidenholzer.
„Wir SozialdemokratInnen konnten durchsetzen, dass es immerhin einen Livestream des Treffens gibt. Es ist sehr bedauerlich, dass Parlamentspräsident Tajani das Format der Konferenz der Präsidenten gewählt hat. Mit so einem ungewöhnlichen Vorgehen macht Tajani Europa kleiner als es ist. Unser Ziel ist eine öffentliche Debatte, in der sich der Facebook-Chef den zuständigen Abgeordneten stellt und an der auch VertreterInnen der Zivilgesellschaft die Möglichkeit haben teilzunehmen“, so Weidenholzer.
Im Vorfeld des Treffens der Fraktionsvorsitzenden mit Zuckerberg wird es eine Fotoaktion um 17 Uhr am Place Luxembourg vor dem EU-Parlament geben. Die VertreterInnen der Medien sind dazu herzlich eingeladen.

Weidenholzer: Treffen mit Zuckerberg muss öffentlich sein

„Gut, dass Mark Zuckerberg endlich einem Treffen im EU-Parlament zugestimmt hat. Umso bedenklicher, dass die konservative Mehrheit eine Verhandlung hinter verschlossenen Türen durchgesetzt hat. Haben Konservative und Rechtsextreme etwa kein Interesse an einer ehrlichen Debatte?”, fragt Josef Weidenholzer, Vizepräsident der SozialdemokratInnen im EU-Parlament und seit Jahren aktiver Verfechter von Datenschutz.

„In einem schriftlichen Verfahren mit 50,8 Prozent Mehrheit das Erscheinen im Ausschuss von Zuckerberg zu verhindern, können wir nicht akzeptieren. Mit so einem ungewöhnlichen Vorgehen macht Parlamentspräsident Tajani Europa kleiner als es ist und gefährdet den Ruf des Hauses. Wir haben uns auch in Europa eine klare Antwort verdient. Deshalb muss sich der Facebook-Chef, wie in den USA auch, einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss stellen. Das soll als transparentes Meeting ablaufen und keine reine Show sein.“

Ein Europa zum Verlieben gegen schwarz-blaues Schmalspur-Europa

Wie halten es die ÖsterreicherInnen mit der Europäischen Union? Die SPÖ-EU-Abgeordneten wollten darauf eine Antwort und stellten auf unterschiedlichsten Plätzen die Frage: „Lieben Sie Europa?“ Das durchgängig positive Feedback zeigt, dass es für viele BürgerInnen keine Alternative zu einem vereinten, demokratischen und weltoffenen Europa gibt.
Josef Weidenholzer, Vizepräsident der SozialdemokratInnen im Europaparlament und zuständig für Grundrechtsfragen, unterstreicht: „Die EU ist ein Versprechen an die BürgerInnen in Frieden und Freiheit zu leben. Wir müssen unsere Grundwerte gemeinsam gegen autoritäre Angriffe verteidigen, damit die Idee Europas nicht kaputt geht.“

„Ein Europa zum Verlieben muss ein Europa sein, in dem alle ihren fairen Beitrag leisten, ob Würstelstand oder Onlineriese. Wir kämpfen für ein Europa, wo der Erntehelfer aus Ungarn nicht um drei Euro arbeiten muss, scheinselbständiges Crowd-Working nicht überhandnimmt und Apple seinen gerechten Anteil an Steuern zahlt. Nur wenn wir gemeinsam auf europäischer Ebene handeln, haben wir die nötige Stärke um das zu erreichen“, betont die Delegationsleiterin der Europa-SPÖ, Evelyn Regner.
„Für fairen und nachhaltigen Handel braucht es Abkommen, die auch ArbeitnehmerInnenrechte und Umweltstandards schützen. Der Ansatz, der von Rat und Kommission verfolgt wird, wird uns diesem Ziel jedoch kein Stück näher bringen. Mercosur-Abkommen, JEFTA oder CETA liefern nicht die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung. Wir kämpfen daher weiter für gerechten Handel, von dem alle etwas haben!“, fordert Karoline Graswander-Hainz, handelspolitische Sprecherin der Europa-SPÖ.
Eugen Freund, außenpolitischer Sprecher der Europa-SPÖ, kämpft im EU-Parlament seit Jahren für eine gemeinsame europäische Außenpolitik: „Gerade weil sich die USA immer weiter isolieren, braucht die Welt einen glaubhaften Akteur für Demokratie und Menschenrechte. Die humanitäre Katastrophe in Syrien zeigt, wohin es führt, wenn sich Europa nicht rechtzeitig mit einer starken, selbstbewussten, gemeinsamen Stimme diplomatisch einbringt! Hätten wir das vor sieben Jahren getan, wäre den Menschen viel Leid erspart geblieben.“
Karin Kadenbach, Umwelt- und Gesundheitssprecherin der SPÖ-Europaabgeordneten, betont: „Null Toleranz für Glyphosat, Bienenkiller und Gentechnik auf EU-Ebene. Die agro-chemische Industrie wirft ihr gesamtes Lobby-Gewicht in die Schlacht um unsere Teller. Wir SozialdemokratInnen wollen gesunde Lebensmittel, nachhaltige Landwirtschaft und den Erhalt unserer Kulturräume.“
Anlässlich des Europatages und mit Blick auf den österreichischen Ratsvorsitz bietet sich für Österreich die einmalige Gelegenheit, die Zukunft der EU besonders mitzugestalten. Die SPÖ-Europa-Abgeordneten Eugen Freund, Karoline Graswander-Hainz, Karin Kadenbach, Evelyn Regner und Josef Weidenholzer präsentieren Prioritäten für ein progressives Europa – von Steuerpolitik über Grundrechte, Außenpolitik, Handel und gesunde Lebensmittel. Kein Schmalspur-Europa der Kurz-Strache Regierung, sondern ein Europa, das das Leben der Bürgerinnen und Bürger positiv verändert. Mit einem Satz: Ein Europa zum Verlieben!

Michael Köhlmeiers Beitrag anlässlich der Gedenkveranstaltung im Österreichischen Parlament

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Damen und Herren,
bitte, erwarten Sie nicht von mir, dass ich mich dumm stelle. Nicht an so einem Tag, nicht bei so einer Zusammenkunft. Ich bin niemandem von Ihnen etwas schuldig. Ich möchte nur eines: den Ermordeten des NS-Regimes, von deren Leben die Schüler so eindringlich berichtet haben, in die Augen sehen können – und sei es nur mithilfe Ihrer und meiner Einbildungskraft.
Diese Menschen höre ich fragen: Was wirst du zu jenen sagen, die hier sitzen und einer Partei angehören, von deren Mitgliedern immer wieder einige, nahezu im Wochenrhythmus, naziverharmlosende oder antisemitische oder rassistische Meldungen abgeben, entweder gleich in der krassen Öffentlichkeit oder klamm versteckt in den Foren und sozialen Medien – was wirst du denen sagen? Willst du so tun, als wüsstest du das alles nicht? Als wüsstest du zum Beispiel nicht, was gemeint ist, wenn sie ihre Codes austauschen, einmal von „gewissen Kreisen an der Ostküste“ sprechen, dann mit der Zahl „88“ spielen oder wie eben erst den Namen George Soros als Klick verwenden zu Verschwörungstheorien in der unseligen Tradition der Protokolle der Weisen von Zion? Der Begriff „stichhaltige Gerüchte“ wird seinen Platz finden im Wörterbuch der Niedertracht und der Verleumdung.
Gehörst du auch zu denen, höre ich fragen, die sich abstumpfen haben lassen, die durch das gespenstische Immer-Wieder dieser „Einzelfälle“ nicht mehr alarmiert sind, sondern im Gegenteil das häufige Auftreten solcher „Fälle“ als Symptom der Landläufigkeit abtun, des Normalen, des „Kenn-ma-eh-Schon“, des einschläfernden „Ist-nix-Neues“? Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem großen Schritt, sondern mit vielen kleinen, von denen jeder zu klein schien für eine große Empörung.
Willst du es dir, so höre ich fragen, des lieben Friedens willen widerspruchslos gefallen lassen, wenn ein Innenminister wieder davon spricht, dass Menschen konzentriert gehalten werden sollen? Hier sitzt er. Vor dir sitzt er, höre ich die sagen, die nicht mehr sprechen können.
Willst du feige die Zähne zusammenbeißen, wo gar keine Veranlassung zur Feigheit besteht? Wer kann dir in deinem Land in deiner Zeit schon etwas tun, wenn du die Wahrheit sagst?
Wenn diese Partei, die ein Teil unserer Regierung ist, heute dazu aufruft, dass die Juden in unserem Land vor dem Antisemitismus mancher Muslime, die zu uns kommen, geschützt werden müssen, so wäre das recht und richtig – allein, ich glaube den Aufrufen nicht. Antiislamismus soll mit Philosemitismus begründet werden; das ist genauso verlogen wie ehedem die neonkreuzfuchtelnde Liebe zum Christentum. Sündenböcke braucht das Land. Braucht unser Land wirklich Sündenböcke? Wer traut uns solche moralische Verkommenheit zu? Kann man in einer nahestehenden Gazette schreiben, die befreiten Häftlinge aus Mauthausen seien eine Landplage gewesen und sich zugleich zu Verteidigern und Beschützern der Juden aufschwingen? Man kann. Mich bestürzt das eine, das andere glaube ich nicht. Wer das glaubt, ist entweder ein Idiot, oder er tut als ob, dann ist er ein Zyniker. Beides möchte ich nicht sein.
Und wenn hier ein anderer sitzt und sich mit ernster Miene die Geschichten angehört hat, die von den Schülern gesammelt wurden, und bei sich denkt, ach, hätten diese armen Menschen damals doch nur fliehen können, und dabei nicht in Betracht zieht, dass es auch damals solche gegeben hat, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben – den möchte ich fragen: Glauben Sie sich selbst Ihre Betroffenheit oder machen Sie sich und uns etwas vor, tun auch Sie als ob?
Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich heute vor Ihnen sagen soll. Mir wäre lieber gewesen, man hätte mich nicht gefragt, ob ich hier sprechen will. Aber man hat mich gefragt, und ich empfinde es als meine staatsbürgerliche Pflicht, es zu tun. Wie leicht wäre es, all die Standards von „Nie-Wieder!“ bis zu „Nie-Vergessen!“, diese zu Phrasen geronnenen Betroffenheiten aneinanderzuhängen, wie es für Schulaufsätze vielleicht empfohlen wird, um eine gute Note zu bekommen, und wie es unser Bundeskanzler in seiner Rede zum Gedenkjahr ja auch tadellos vorgeführt hat. Aber dazu müsste man so tun als ob. Das kann ich nicht und will ich auch nicht, schon gar nicht an diesem Tag, schon gar nicht bei so einer Zusammenkunft. Ich möchte den Opfern, die mithilfe der Recherchen und der Erzählungen der Schüler und mit Ihrer und meiner Einbildungskraft zu mir und zu Ihnen sprechen und mir zuhören, ihnen möchte ich in die Augen sehen können – und auch mir selbst.
Mehr habe ich nicht zu sagen. Danke
Beitragsbild: © Parlamentsdirektion Österreichisches Parlament / Thomas Topf / https://www.parlament.gv.at

Kinder auf der Flucht brauchen besonderen Schutz!

Neueste Zahlen des UNHCR belegen, dass auch im Jahr 2017 zehntausende Minderjährige als Flüchtlinge nach Europa gekommen sind. Viele kommen gänzlich auf sich allein gestellt und ohne jede familiäre oder vertraute Bezugsperson. Das Europaparlament erinnert die Mitgliedstaaten heute in einer Resolution an die besondere Schutzbedürftigkeit unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge. Josef Weidenholzer, Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, macht deutlich: „Auf der Flucht laufen unbegleitete Minderjährige besonders Gefahr von Gewalt und Ausbeutung bedroht zu werden. Die mit der Flucht verbundenen Gefahren und das Leid trifft Kinder besonders hart.“
Josef Weidenholzer, Mitglied im Innenausschuss und Mitinitiator der Resolution, erinnert daran: „Alle Geflüchteten haben Anspruch auf angemessene Grundversorgung. Für Kinder und Jugendliche müssen aber spezielle Bedürfnisse mitgedacht werden. Sie brauchen Begleitung und Information, sie müssen ins Schulsystem integriert werden und haben als Minderjährige im Rahmen des Asylverfahrens besonderen Anspruch auf Schutz.“ Er verweist in dem Zusammenhang auf das EuGH Urteil vom 14. April 2018, wonach das Recht auf Familienzusammenführung für minderjährige Flüchtlinge bestehen bleibt, auch wenn sie während des Asylverfahrens volljährig werden. „Damit wird der Praxis, Verfahren absichtlich in die Länge zu ziehen, damit die für Kinder vorgesehenen Rechte aufgrund Volljährigkeit wegfallen, ein rechtlicher Riegel vorgeschoben. Das Recht zur Familienzusammenführung bleibt bestehen. Das hat der EuGH mit seinem Urteil klargestellt.“
„Mitgliedstaaten müssen die durchgängige Anwendung der UN-Kinderrechte garantieren. Oft geraten Kinder aus Angst vor den staatlichen Behörden in die Hände von Kriminellen. Nicht auszudenken, was die Kinder alles durchstehen müssen“, warnt Weidenholzer und appelliert: „Kinder – ob geflüchtet oder nicht – sind Kinder. Und Kinder haben Rechte. Wir müssen alles tun, um das Wohl der Kinder zu schützen.“ Mit der heutigen Resolution macht das EU-Parlament Druck auf die Mitgliedstaaten, die speziellen Bedürfnisse von minderjährigen Flüchtlingen endlich zu berücksichtigen.

Konservative müssen Haltung zeigen

„Wenn die Spitzen der Europäischen Volkspartei heute mit Viktor Orbán zusammentreffen, erwarte ich mir mehr als vage Absichtsbekundungen. Die EVP muss endlich eine klare Position beziehen. Dieser Mann zerstört die Demokratie in Europa und kooperiert mit jenen, die Europa zerstören wollen. Dass Orbáns autokratisches System den europäischen Grundwerten widerspricht, müsste selbstverständlich sein“, so der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer und ergänzt: „Wir kennen Orbáns Schaukelpolitik seit 2010, es nutzt nichts, ihm immer wieder nachzugeben. Probleme lösen sich nicht, indem man nichts tut und lassen sich nicht aussitzen. Es ist höchste Zeit, dass die Konservativen ihrer europäischen Verantwortung nachkommen und den längst überfälligen Schlussstrich ziehen.“
Josef Weidenholzer ist im Vorstand der Europäischen Sozialdemokraten zuständig für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Er arbeitet derzeit an der Artikel-7-Empfehlung des EU-Parlaments zu Ungarn.