Seit 1. April 2012 ist sie jetzt also auch in Österreich Gesetz, die sogenannte Vorratsdatenspeicherung. Sechs Monate müssen Anbieter von Telekommunikationsdiensten künftig die Kommunikations,- und Verbindungsdaten von allen, die ihre Dienste nutzen, speichern. Im Falle des Verdachts, dass diese Personen ein Verbrechen begangen haben könnten, sowie in Fällen, wo Gefahr für Leib und Leben besteht, können Justiz bzw. Polizei dann ungehindert zugreifen.

Kampf gegen den Terrorismus?

Die Vorratsdatenspeicherung geht auf eine EU Richtlinie aus dem Jahr 2006 zurück, an der auch die Republik Österreich selbst beteiligt war. Österreich hat sich zwar lange geziert, glaubte schließlich aber den Drohungen der EU-Kommission mit einem Vertragsverletzungsverfahren nachgeben zu müssen und hat die Vorratsdatenspeicherung mit 1. April 2012 umgesetzt. Die Richtlinie war eine typische Anlassgesetzgebung, die unter dem Eindruck der Bombenattentate in Spanien und Großbritannien erlassen worden war. Der sogenannte „Kampf gegen den Terrorismus“ führte damals zu dem Glauben, immer mehr Überwachung einführen zu müssen – ohne zu prüfen, ob diese Maßnahmen wirklich sinnvoll und mit den demokratischen Prinzipien vereinbar sind.

Bedenken in der Bevölkerung

Die Einführung der Vorratsdatenspeicherung sorgt zu Recht für große Bedenken in der Bevölkerung. Wie kaum ein anderes Gesetz in der jüngsten Zeit, hat es die Menschen beunruhigt und verärgert. Eine große Mehrheit kann einfach nicht verstehen wozu das gut sein soll und fühlen sich bedroht. Das Gesetz verstört die Menschen und steht in keinerlei Relation zu den dadurch für die Exekutive im Kampf gegen das organisierte Verbrechen entstehenden Möglichkeiten. Diese werden als relativ bescheiden bewertet und rechtfertigen keinesfalls derartig gravierende Eingriffe in die Grundrechte („Brüssel in Erklärungsnot“, Link zu heise.de).

Warum dennoch Hoffnung besteht

Die Richtlinie ist europaweit noch immer nicht vollständig in Kraft, Deutschland muss nach einem Urteil seines Verfassungsgerichts ein neues Gesetz einbringen. Gleichzeitig hat die irische Regierung eine erfolgsversprechende Klage gegen die Richtlinie beim EuGH eingebracht. Erhebliche Unzufriedenheit über die unterschiedliche Handhabung der Richtlinie in den einzelnen Mitgliedsstaaten gibt es auch bei der Europäischen Kommission. Für diesen Sommer hat sie deshalb eine Reform der Richtlinie angekündigt, die zwar nicht zu deren Aufhebung führen soll, aber doch einige gravierende Änderungen erwarten lässt. Vor allem, was die Speicherdauer, den Zweck und die Reichweite, den Kostenersatz für die Provider und einen besseren Schutz der Grundrechte betrifft.

Parlament gefordert

Es wird eine große Herausforderung für das Europäische Parlament werden, das alles zu korrigieren, was sich die europäische Ebene in einer beispiellosen Regulierungswut vor mehr als fünf Jahren angemaßt hat. Mit dem entsprechendem Druck von außen und mit guten Argumenten wird vielleicht einiges möglich sein. Gerade die Geschichte des ACTA-Abkommens ist ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alles so laufen muss, wie es sich manche in der Kommission vorstellen. Und Cecilia Malmström (EU Kommissarin für Innenpolitik) ist nicht Karel de Gucht (EU-Handelskommissar). Während dieser sich mit flotten Sprüchen gegen das Parlament zu profilieren versucht, hat sie Erfahrungen als Mitglied des Europäischen Parlaments und seinerzeit auch gegen die Richtlinie gestimmt.
Download: Council of the European Union/Commission Services, Consultation on reform of Data Retention Directive, 18620/11, 15.12.2011, S. 8, online: http://quintessenz.at/doqs/000100011699/2011_12_15,Eu_Commission_data_retention_reform.pdf (11.1.2012)