2010 markiert nicht nur den Beginn eines neuen Jahrzehnts, es ist auch das erste Jahr nach der Großen Krise. Geht es nach den Prognosen vieler Wirtschaftsforscher, dann sind wir aus dem Gröbsten heraußen. Ob man jenen Glauben schenken sollte, deren Jahresprognosen vor zwei Jahren in keiner Weise den großen Krach erahnen ließen, sei dahin gestellt.
Aber auch wenn es wirklich besser wird, was wir alle nur hoffen können, kann die Krise noch als keineswegs bewältigt gesehen werden.
Nicht nur die „Realwirtschaft“ –welch absurder Begriff eigentlich – wird noch eine Zeitlang an den Folgen der Finanzspekulationen zu würgen haben. Vor allem müssen die riesigen Summen, die für die Stabilisierung der Finanzmärkte zur Verfügung gestellt wurden, von den Staatshaushalten bewältigt werden. Die Konsolidierung der Budgets wird nicht ohne politische Auswirkungen abgehen. Es wird viele Verlierer geben und wenn sich nicht gravierendes an den gegenwärtigen politischen Prämissen ändert, dann werden wohl die breiten Massen die Zeche bezahlen. Jedem Gerechtigkeitsempfinden Hohn sprechend und die Legitimität des politischen Systems ernsthaft gefährdend.
Die politischen Konsequenzen der Krise werden uns noch lange nicht loslassen. So wie in den 1930-er Jahren sind es auch gegenwärtig wieder verantwortungslose Demagogen, die diese Situation schamlos ausnutzen und das demokratische System destabilisieren.
Gegenwehr ist wenig vorhanden, die demokratischen Kräfte sind mit dem Management der Krisenfolgen beschäftigt und die Sozialdemokratie, eigentlich müsste sie ja als Reformalternative wahrgenommen werden befindet sich in einer epochalen Krise.
Nichts wäre jetzt wichtiger für die weitere Entwicklung des demokratischen Zusammenlebens als eine Konsolidierung und Erneuerung der demokratischen Linken. Gäbe es die Sozialdemokratie nicht, dann müsste man sie gerade jetzt neu erfinden.
Es ist zu befürchten, dass das kommende Jahr (noch) nicht diese notwendige Erneuerung bringen wird. Der Druck ist noch zu gering, um eine Richtungsänderung herbeizuführen.
Aber vielleicht sollten wir, die wir nicht einfach nur zusehen wollen, zumindest beherzigen was Willy Brandt in seinen Erinnerungen als Lehre aus dem
„Scheitern derer, die zusahen, wie die Republik von Weimar scheiterte“ zog: „ Wo die Zivilcourage keine Heimstatt hat, reicht die Freiheit nicht weit. Und wo die Freiheit nicht beizeiten verteidigt wird, ist sie nur um den Preis schrecklich großer Opfer zurückzugewinnen.“