Seit den olympischen Spielen 2012 stehen in der Londoner Innenstadt 100 Mülltonnen, die für Werbezwecke mit digitalen Displays ausgestattet sind. Im Sommer 2013 wurden zu Testzwecken zwölf dieser Mülltonnen mit einer „Tracking-Software“ ausgestattet. Ohne Wissen der betroffenen PassantInnen sammeln die Mülltonnen Daten – dazu genügt schon, einmal mit eingeschaltetem WiFi an ihnen vorbeigeht. Josef Weidenholzer will jetzt durch eine parlamentarische Anfrage herausfinden, ob das mit den EU Rechten vereinbar ist und ob das nur die Spitze des Eisbergs ist.
Das Ende Juli gestartete Projekt wurde in der zweiten August Woche von den Londoner Behörden einstweilen gestoppt. Zu groß war der Aufschrei als bekannt wurde, dass in London Mülltonnen die Passanten ausspionieren und auf dem Weg durch die Stadt begleiten. Die Mülltonnen der Firma Renew stehen zwar schon seit 2012 in der Innenstadt von London, mit der Tracking Software wurden sie aber erst Ende Juli ausgestattet. Hinter der Software steckt das Unternehmen Presence ORB (http://www.presenceorb.com/), deren Werbeslogan „A Cookie for the real World“ lautet. Cookies werden Homepages auf deinen Computer installiert, manche von ihnen sind notwendig damit die Webseiten funktionieren – andere widerrum dienen der Infomationssammlung über die KonsumentInnen. Im Falle der Londoner Mülltonnen handelt es sich klar um letztere. Die Wege der PassantInnen sollen nachvollzogen werden und in welche Geschäfte sie gehen, wodurch sich die Firma Renew ein besseres „Target Marketing“, also zielgenaue Werbung, erhofft.
Um von den Mülltonnen gescannt zu werden, genügt es auch wenn man einmal mit eingeschaltetem WiFi an ihnen vorbei geht. Die Software in den Mülltonnen erkennt dann die MAC Nummer ihres Mobiltelefons. Jedes Mobiltelefon hat eine eigene MAC Nummer (Media Acces Control Adress) und auf den ersten Blick ist gleich erkenntlich, von welchem Hersteller das Mobiltelefon ist. Ein Beispiel: Bewet man sich durch die Londoner Innenstadt können die vernetzten Mülltonnen dich von Tonne zu Tonne wieder erkennen, so zum Beispiel deinen Weg zur Arbeit nachzeichnen. Wenn sie dabei sehen, dass du immer im selben Kaffee stehen bleibst um dir einen Latte mitzunehmen, wäre es möglich mit das du dann auf allen Mülltonnen bei denen du auf dem Weg zur Arbeit vorbei kommst, eine Werbung für Mc Cafe oder Starbucks siehst (vielleicht mit: „Mal einen anderen Geschmack probieren – jetzt in ihrer Nähe“).
Die vorliegende Anfrage zu den Mülltonnen wird aber nicht nur wegen diesen gestellt. Tracking Software für den Zweck des Target Marketing oder der Optimierung von Shopping Malls, Geschäften von Bekleidungsketten und Fast-Food Restaurants scheinen gerade in Mode zu kommen. Im letzten Monat, Juli 2013, wurde eine ähnliche Software von der Bekleidungskette Nordstrom getestet. Der Aufschrei der KundInnen war groß – Nordstrom hatte es aber zumindest nicht versteckt gemacht sondern die KundInnen informiert und nur im Rahmen des eigenen Geschäfts und nicht im öffentlichen Raum.
Die Anfrage von Josef Weidenholzer an die EU Kommission zum Download: ANFRAGE_Mu?lltonnen_JW