Artikel aus DiePresse.com vom 19.03.2012
Einige Länder haben die Ratifizierung des umstrittenen Urheberrechts-Paktes bereits ausgesetzt. Der Europäische Gerichtshof soll den Fall nun klären.
Die dänische EU-Ratspräsidentschaft beharrt ungeachtet starker Kritik auf einer Unterzeichnung des Urheberrechtsabkommens Acta. „Ich habe die Hoffnung, dass der (EU-Minister-)Rat seinen Worten Taten folgen lassen wird“, sagte die dänische Handelsministerin Pia Olsen Dyhr am Freitag in Brüssel nach Beratungen.
Der EU-Ministerrat, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, hatte das Abkommen Ende vergangenen Jahres einstimmig genehmigt – der dänische EU-„Vorsitz“ hofft nun, dass die Staaten auch dazu stehen und den Vertrag auf nationaler Ebene billigen. Der internationale Handelspakt soll Urheberrechte weltweit durchsetzen. Kritiker sehen in dem Abkommen Freiheitsrechte im Interneteingeschränkt.
Mehrere Länder wie Polen und Tschechien setzten die Ratifizierung des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Acta) bereits aus. Deutschland beschloss, das Abkommen bis zur Klärung offener Fragen vorerst nicht zu unterzeichnen. Österreich hat bereits unterzeichnet, will das Abkommen nun aber erneut prüfen.
Europäischer Gerichtshof prüft
Zur Klärung soll nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) beitragen. EU-Handelskommissar Karel De Gucht kündigte an, seine Behörde werde das Abkommen dem höchsten EU-Gericht in den nächsten Tagen zur Prüfung übermitteln. Es sei wichtig, die Debatte um Acta wieder auf eine „vernünftige Art und Weise“ zu führen.
Die Richter sollen klären, ob das Abkommen dem EU-Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit, dem Datenschutz sowie dem Schutz des geistigen Eigentums entspreche. Aussagen aus dem Europäischen Parlament, das Vertragswerk sei praktisch gestorben, teilte der Kommissar nicht. „Im Parlament wird viel gesagt.“
(Ag. )
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Leserbrief von Josef Weidenholzer
Bei Handelskommissar Karel De Gucht scheinen die Nerven blank zu liegen. Nach dem er zu Beginn dieses Monats bei der Anhörung im Ausschuss Internationaler Handel des Europäischen Parlaments schon einmal mit seiner vorlauten Verteidigung von ACTA ordentlich ins Schwitzen geraten war, legt er im Interview mit der Presse nach. Obwohl ihm die Parlamentarier damals nachwiesen, dass ACTA schlecht vorbereitet und ungeachtet möglicher Konsequenzen für die Grundrechte der Union in antiquierter Manier durchgeboxt werden soll, hält er störrisch an seiner Vorgangsweise fest. Er schadet damit dem europäischen Projekt, weil es die Bürgerinnen und Bürger schon lange satt haben, dass die Kommission über ihre Köpfe hinweg unausgereifte Vorhaben durchzieht. Er schadet dem Ansehen der Demokratie, wenn er auf die wohl überlegte Kritik aus dem Parlament, laut Presse trotzig erklärt: „Im Parlament wird viel gesagt.“ Solche Äußerungen sollte ein Mitglied der Europäischen Kommission wohl besser unterlassen.