Nur 250 Kilometer lang ist die Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien, derzeit Dreh- und Angelpunkt der Flüchtlingsbewegung. Wer legal von Griechenland nach Mazedonien will, muss nach Idomeni, ein kleines Dorf, wo zehntausende Menschen ausharren und darauf warten den Grenzübergang passieren zu dürfen und weiter in den mazedonischen Ort Gevgelija zu ziehen. Getrennt sind die beiden Orte nicht nur durch eine Stunde Zeitunterschied, sondern auch durch einen ca. 30 km langen doppelten Stacheldrahtzaun, von Westen nach Osten, den Mazedonien zu Griechenland errichtet hat. „Wenn es Nacht wird, wirft das Licht der Grenzposten Schatten auf den Zaun. Es wirkt dann fast so, als seien Löcher im Gitter, durch die man einfach durchsteigen kann“, erzählt ein Flüchtling in Idomeni.
Nur noch wenige hundert Menschen pro Tag lässt Mazedonien seit Mitte Februar die Grenze passieren. Gleichzeitig warten aber in Griechenland geschätzte 50.000 Flüchtlinge darauf, über die Grenze zu kommen und es werden jeden Tag mehr. Die Folge ist, dass tausende Menschen unter unwürdigen Bedingungen an der Grenze in provisorischen Camps ausharren. „Ist die Grenze morgen wieder offen“, fragen die Flüchtlinge in Idomeni. Ich kann ihnen keine Antwort geben. Nur etwas Hoffnung. Die Helfer vor Ort antworten mit einem bestimmten „Inschallah.“ Die Stimmung ist ruhig, friedlich und gleichzeitig auch angespannt. Am Tag vor meinem Besuch gab es Tumulte, als eine Gruppe verzweifelter Flüchtlinge versuchte den Zaun zu überqueren und die mazedonischen Behörden daraufhin Tränengas einsetzten. „Der Rauch zog weiter auf die griechische Seite und traf ein Flüchtlingszelt mit Familien und Kindern“, schildern MitarbeiterInnen der Hilfsteams.
Die meisten Menschen kommen aus Syrien und dem Irak, sie sind vor dem Krieg geflohen und wissen Furchtbares zu berichten. Viele sind verletzt und sichtlich gezeichnet von der Flucht. Einige Eltern erzählen, dass sie im Chaos und Gedränge sogar ihre Kinder verloren haben. Rund 60 Prozent der Menschen im Camp sind Frauen und Minderjährige. Die Versorgung im Camp umfasst nur das Nötigste. Niemand hat mehr als einen Rucksack, eventuell einen Schlafsack und einen Platz in den provisorisch aufgebauten Zelten. In Idomeni hat es Ende Februar abends rund fünf Grad und es nieselte bei meinem Besuch. Die Menschen halten sich größtenteils im Freien auf und sind jeder Witterung ausgesetzt. Die griechische Regierung hat mehrere feste Camps weiter weg vom Grenzübergang aufgebaut, in denen die Bedingungen besser sind. Doch die Flüchtlinge wollen nicht weg aus Idomeni, die Angst ihre Chance auf ein Durchkommen an der scheinbar unüberwindbaren Grenze zu verpassen, ist zu groß.