Nicht nur die Platten bewegen sich, auch die Politik rund um sie. Im Europäischen Parlament konnten erhebliche Fortschritte bei der Regelung von Musikdownloads erzielt werden. Der Rechtsausschuss hat am 26. November 2013 einstimmig die Richtlinie zu „Mehrgebietslizenzen und Verwertungsgesellschaften“ beschlossen. Im Vorfeld konnte ein Kompromiss zwischen Rat und EU-Parlament erreicht werden, der in erster Lesung voraussichtlich im Februar 2014 im Plenum des Europäischen Parlaments verabschiedet wird. Danach haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationalstaatliches Recht einzuführen, was bedeutet, dass die gesetzlichen Regelungen spätestens ab 2016 in ganz Europa Gültigkeit haben.

(1) Mehr Rechte für Rechteinhaber & Recht auf Alternative Lizenzen

Die Richtlinie stärkt die Rechte jener, die Musik machen und sich in den Verwertungsgesellschaften zusammen schließen. KünstlerInnen erhalten mit der Richtlinie das Recht auf mehr Selbstbestimmung, was die Wahl der Lizenzierung ihrer Werke betrifft. In den Verhandlungen hat Josef Weidenholzer durchgebracht, dass KünstlerInnen das Recht auf die Verwendung von alternativen Lizenzen haben, was im ursprünglichen Kommissionsentwurf zuvor nicht vorgesehen war. Der Artikel 5, welcher die Rechte von Rechteinhabern festlegt, wurde ergänzt mit dem Recht auf alternative / nicht-kommerziellen Lizenzen. Musikschaffende erhalten somit mehr Selbstbestimmung in der Lizenzierung ihrer Werke.

Article 5: Rights of rightholders
2a. Rightholders shall have the right to grant licences for the non-commercial uses of the rights, categories of rights or types of works and other subject matter of their choice.

Oft sind es gerade die jungen KünstlerInnen, die davon profitieren, wenn sich ihre Werke unter einer Creative Commons verbreiten und damit ihr gesamtes Repertoire bewerben können. Auch die großen etablierten KünstlerInnen profitieren, wenn sie einzelne Werke unter einer nicht kommerziellen Lizenz verbreiten können. Bisher haben Verwertungsgesellschaften wie die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) in Deutschland ihren Mitgliedern die Verwendung von nicht-kommerziellen Lizenzen schwer gemacht (vgl. Artikel „EU-Richtlinie: GEMA & Co müssen Creative Commons erlauben “ auf netzpolitik.org). Mit der Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten die Verwertungsgesellschaften verpflichten, ihren Mitgliedern das Recht auf alternative Lizenzen zu gewähren. Da es sich um eine Richtlinie handelt liegt zwar noch viel an der Umsetzung in den einzelnen Staaten, dennoch wird im Erwägungsgrund 9 festgehalten, dass die Mitgliedsstaaten sicher stellen müssen, dass Verwertungsgesellschaften die notwendigen Schritte einleiten, dieses Recht zu garantieren.

Collective Rights Management – Recital 9:
As far as non-commercial uses are concerned, Member States should provide that collective management organisations take the necessary steps to ensure that their right holders can exercise the right to grant licences for such uses.

(2) Länderübergreifende Lizenzen führen zu mehr Auswahl

Durch die Einführung von so genannten „Multi territorialen Lizenzen“ wird es für Musikanbieter einfacher, Musik zum Download europaweit anzubieten – derzeit war für jeden Mitgliedsstaat eine eigene Lizenz nötig. Online-Musikdienste wie beispielsweise Spotify oder YouTube mussten bisher für einzelne Länder der Europäischen Union jeweils aufs Neue mit den ansässigen Verwertungsgesellschaft über die Bedingungen verhandeln, nach denen sie den Verbrauchern ihre Dienste zur Verfügung stellen können. Oft dauerte es Jahre, bis die Dienste in mehreren Ländern verfügbar sein konnten. Vor allem für junge Unternehmen stellen diese Verhandlungen erhebliche Hürden dar. In Zukunft soll es möglich sein, mit einer Verwertungsgesellschaft einen Vertrag zu schließen, der dann europaweit gilt. Die Konsumentinnen und Konsumenten profitieren insofern davon, dass es in Zukunft ein breiteres und billigeres Angebot an legalen Musikdownloads geben wird.

(3) Regeln zu mehr Transparenz und Demokratie

Und auch die Vorschläge zur Verbesserung von Effizienz und Transparenz der Verwertungsgesellschaften bieten gute Ansätze. So sollten die Urheber schneller als vorgesehen an ihr Geld, das in vielen Fällen zur Bestreitung des Lebensunterhalts benötigt wird, kommen. Das Europäische Parlament hat bei der Frist zur Auszahlung der Tantiemen eine Verkürzung von 12 Monaten auf neun Monate erreichen können. Außerdem wird das Mitspracherecht der Mitglieder gestärkt und fest gelegt, dass auch die Öffentlichkeit mit mehr Informationen versorgt werden müssen.

Article 12.1.
Member States shall also ensure that a collective management organisation or its members who are entities representing rightholders distribute and pay to rightholders these amounts as soon as possible but no later than 9 months from the end of the financial year in which the rights revenue was collected, unless objective reasons related in particular to reporting by users, identification of rights, rightholders or matching of information on works and other subject matter with rightholders prevent the collective management organisation or, where applicable, its members from respecting this deadline.

Auch in Sachen Transparenz bei Verwertungsgesellschaften konnte vom Europäischen Parlament dieser Passus in die Richtlinie eingebracht werden:

(19a) Each collective management organisation should also make public information on its structure and how it carries out its activities, including in particular its statutes and general policies on management fees, deductions and tariffs.

Wie geht’s weiter?

Es heißt immer, dass europäische Legislativprozesse sehr lange dauern. Bei dieser Richtlinie ging alles eigentlich ziemlich schnell. Seit ihrer Präsentation von Binnenmarktkommissar Barnier ist rund ein Jahr vergangen. Das Ergebnis der Trilogverhandlungen zwischen Kommission, Europäischen Parlament und Rat wird im Februar 2014 vom Europäischen Parlament verabschiedet, danach ist der Legislativprozess abgeschlossen und die Richtlinie wird von den Mitgliedsstaaten in nationalstaatliches Recht überführt. Zusammengefasst sind die Neuregelungen bis spätestens 2016 Realität. Die Mitgliedsstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie zwar einen gewissen Spielraum, allerdings verlangt die Richtlinie die Einführung konkreter Verpflichtungen, welche schwer von den Mitgliedsstaaten zu umgehen sind.

Mehr Informationen:

– Verhandelter Kompromiss der Richtlinie: Richtlinie zum Download auf netzpolitik.org
– EU-Richtlinie: GEMA & Co müssen Creative Commons erlauben- Artikel auf netzpolitik.org
– Kommentare zur Richtlinie von European digital rights „edri comments on the crm directive“
– Musikdownload in Europa zukünftig leichter und billiger –Presseaussendung von Josef Weidenholzer
– Collective management of copyright: EP and Council strike a deal – Artikel auf der Seite des EU-Parlaments