Utl.: ACTA erfordert gesellschaftspolitische Diskussion – auch Kommission muss sich dieser stellen
Kritisch beurteilen die beiden SPÖ-EU-Abgeordneten, Jörg Leichtfried und Josef Weidenholzer die Ankündigung der Kommission, das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen: „Das Vorgehen der Kommission ist halbherzig. Eine Prüfung durch den EuGH trifft nicht den Kern des Problems, denn wie das Internet in der Zukunft ausgestaltet sein soll, ist keine rein rechtliche, sondern eine politische Frage. Die Kommission darf sich vor dieser Diskussion nicht drücken, sondern muss Stellung beziehen“, so die beiden Europaparlamentarier gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Mit ACTA stelle die Kommission ihre Unfähigkeit zur Schau, während auf der einen Seite Viviane Reding an einer Datenschutzrichtlinie arbeite, werde dieses Vorhaben mit ACTA nun ad absurdum geführt. ****
Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für Justiz, bürgerliche Freiheiten und Inneres (LIBE), betont, dass man sich von Seiten des EU-Parlaments mit den grundlegenden Fragen von Meinungsfreiheit und Privatsphäre beschäftigen wird. „Der LIBE-Ausschuss wird öffentlich darüber diskutieren, ob ACTA mit der Grundrechtecharta der EU vereinbar ist und einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse vorlegen“, sagt Weidenholzer. Delegationsleiter Leichtfried ergänzt, dass frühere Entscheidungen des EuGH gezeigt hätten, dass diese oftmals im Interesse der Wirtschaft fallen würden, es sei daher keine kritische Stellungnahme von Seiten des EuGH zu erwarten.
Insgesamt, so die beiden Abgeordneten, müsse Europa über ein neues Urheberrecht nachdenken: „Das geltende europäische Urheberrecht wird den vielen neuen Möglichkeiten, die das Internet eröffnet, nicht mehr gerecht, Rechtsordnung und Alltagswirklichkeiten klaffen auseinander.“ Zu überlegen wäre eine Weiterentwicklung des europäischen Urheberrechts in Hinblick auf eine fair-use-Klausel nach amerikanischem Vorbild, die die nicht-kommerzielle Nutzung von Inhalten in gewissen Bereichen zulässt.